Hintergrund

Globale Krise und lokale Folgen – Lüneburg in Krisenzeiten

Warum diese Veranstaltungsreihe?

Die Wirtschaft brummt und wir hören immer wieder, dass wir mitten in einem „Aufschwung” seien. Jetzt eine Veranstaltungsreihe zur Krise in Lüneburg zu machen, erscheint unsinnig. Das Bruttoinlandsprodukt steigt wieder, die Exporte nehmen zu.  Diese wirtschaftliche Situation ist begleitet vom größten Sparprogramm in der Geschichte der BRD und Verschuldung der Kommunen  – auch in Lüneburg. Wir wollen mit unserer Veranstaltungsreihe diese Entwicklungen in ihrer konkreten Bedeutung vor Ort thematisieren und nach Perspektiven suchen.

Die lange Krise  – „Neoliberalismus”
Die vergangenen Krisenhöhepunkte und die aktuellen Verwerfungen der Weltwirtschaft kann man nur verstehen, wenn man sie in den Zusammenhang mit der langen Krise seit 1968/1973 stellt. Die damaligen breiten Kämpfe in Fabrik und Gesellschaft, Befreiungsbewegungen und Jugendrevolten waren hoffnungsvoll. Die FabrikarbeiterInnen koppelten ihre zunehmend egalitären Lohnforderungen von der Produktivität ab und forderten ein gutes Leben für alle unabhängig vom Unternehmensgewinn.

Das Kapital verlagerte als Antwort  die Produktion in Länder, wo es noch keine kämpferische Arbeiterklasse gab. Spätestens seit den 1980er Jahren flüchtete sich das nach Anlage suchende Kapital zunehmend in eine massive Ausweitung des Kredits, in Währungsspekulation, Derivatehandel und Immobilienspekulation. Diese Flucht in den Kredit ist nicht die Ursache der Krise, sondern war der Versuch, überhaupt noch Wachstum zu schaffen und einen Crash hinaus zu zögern.  Ab 1990 beschleunigten sich aber die Krisenzyklen. Und jede Krise wurde mit einer weiteren Ausweitung der Kredite beantwortet.

Auch in der BRD wurden neue private „Anlagemöglichkeiten” geschaffen: So etwa durch die Privatisierungen von Stadtwerken, Straßenbeleuchtungen oder der Post. Die Versorgung mit diesen Gütern hat sich dadurch nicht verbessert und das war auch nie der Zweck. Teilweise fanden Prozesse der Deindustrialisierung statt, auch hier in Lüneburg. Die Arbeitszeiten wurden flexibilisiert und unsichere Beschäftigungsverhältnisse wurden zunehmend zur Normalität. Die Spaltung in Festangestellte und LeiharbeiterInnen, die Auslagerung ganzer Produktionszweige und die Renten-”Reform” sind nur unterschiedliche Seiten dieses Prozesses. Zudem sinken seit drei Jahrzehnten in der BRD die Reallöhne.

Die Krise ist nicht vorbei
Obwohl mittlerweile von der „Konjunktur-Lokomotive Deutschland” gesprochen wird, steckt die Weltwirtschaft weiterhin in dieser schweren Krise. Die BRD ist dabei weniger Motor eines Aufschwungs, sondern vergrößert durch ihre Exportorientierung auf Kosten der Lohnabhängigen hier und in anderen Ländern vielmehr die europäischen und globalen Ungleichgewichte.
Diese sind immer wieder ein auslösendes Moment von neuen Kriseneinbrüchen. Auch die anderen unmittelbaren Auslöser der globalen Krise 2008/2009 bestehen weiterhin: Die Immobilien- und Bankenkrisen in den USA, Spanien und vielen anderen Ländern. Die „Rettungs-” und „Stabilisierungspakete” haben zu neuen Blasen geführt. Die riesigen Konjunkturpakete brachten eine immense weltweite Staatsverschuldung.

Wer zahlt die Rechnung?
In der BRD konnten die Krisenauswirkungen u.a. durch die Ausweitung der Kurzarbeit, die Entlassung von LeiharbeiterInnen und befristet Beschäftigten,  Abbau von „Zeitschulden”, die Heruntersetzung der Arbeitszeit ohne Lohnausgleich u.ä. abgefedert werden. Nach der Krise geht es weiter wie bisher: Ausweitung von Niedriglohn und Leiharbeit, Zunahme von Minijobs und Arbeitshetze sowie Einschnitte bei den Gesundheitsleistungen. Die Kosten der Krise tragen die ArbeiterInnen, Angestellten, RenterInnen und vor allem auch diejenigen, die schon vor der Krise wenig Geld hatten: der Heizkostenzuschuss für WohngeldempfängerInnen wird gestrichen, der Rentenversicherungsbeitragssatz für EmpfängerInnen von SGB-II- Leistungen wird abgeschafft, Arbeitslosengeld II – BezieherInnen erhalten in Zukunft kein Elterngeld mehr und allgemein gibt es Einsparungen im Haushalt der Bundesagentur für Arbeit. Alleine 200 Millionen Euro werden gespart durch die Abschaffung des Überbrückungszuschlages beim Übergang vom Arbeitslosengeld I in das Hartz-IV-System.  Eine Lösung dieser Spirale aus Verarmung und Krise innerhalb des Kapitalismus ist nicht in Sicht!

Und in Lüneburg? Was tun!
Auch in Lüneburg waren Betriebe vom Kriseneinbruch betroffen und die Krisenkosten sollen auf die Menschen abgewälzt werden. Es drohen Gebührenerhöhungen und ein Wegfall von kommunalen Leistungen.  So wurde bereits der Zuschuss für die Volkshochschule massiv gekürzt, in Kirchgellersen die Kita-Gebühren erhöht. Seit Jahren nimmt  in den Betrieben und der Arbeitsdruck zu. Die Unterstützung von Hilfebedürftigen wird zunehmend ökonomisiert. Die rassistische Hetze eines Herrn Sarrazin und die unsägliche „Integrationsdebatte” zeigen, wie sehr Sündenböcke gebraucht werden. Gegen ihre Spaltungen müssen wir auch in Lüneburg unsere Solidarität setzen und miteinander aktiv werden. Unsere Veranstaltungsreihe soll dazu einen Impuls setzen.


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